Kleine Zufallsfunde wie einzelne Feuersteinsplitter und große aber nicht weniger zufällige Entdeckungen wie die des Mannes aus dem Eis weckten das Interesse an der Urgeschichte des Schnalstales. Systematische Begehungen und Grabungen finden nach dem 19. September 1991 statt.

Die Bezeichnung der Fundorte auf dieser Seite folgt dem Schema: Gemeinde-Flurname. Die meisten der Fundstellen in der Gemeinde Schnals (it. Senales) liegen außerhalb des heutigen Siedlungsgebiets. Wo demnach nicht auf Ortsbezeichnungen aus mehrsprachigen topographischen Karten zurückgegriffen werden kann, verwenden wir für die Benennung der Fundorte in allen drei Sprachversionen die Mikrotoponyme, die lokal bis heute der Orientierung dienen.

Literaturhinweise zu den archäologischen Funden im Schnalstal finden Sie unter dem Menüpunkt Publikationen. Anhand der unten angegebenen Kürzel lassen sich in der Publikation von Andreas Putzer et al. (2016) Details zu den Fundspektren, Radiokarbondatierungen, archäobotanischen Analysen sowie eine Fundort-Karte finden.

 

Funde

 

Archäologische Grabungen

 

Schnals-Tisenjoch

Unmittelbar nach der Auffindung der Gletschermumie am Tisenjoch (3.210 m) startet hier eine erste archäologische Grabung (Oktober 1991). Bereits nach wenigen Tagen aufgrund heftiger Schneefälle abgebrochen, arbeitet im darauffolgenden Sommer ein internationales Archäologenteam rund um Andreas Lippert, Hans Nothdurfter, Lorenzo Dal Ri sowie Bernardino Bagolini und Annaluisa Pedrotti an der Ötzi-Fundstelle und in deren Umgebung (Juli-August 1992).

Die bislang letzten am Tisenjoch entdeckten Fundstücke sind ein Stück Birkenrinde, welches der schwedische Anthropologe Torstein Sjøvold in unmittelbarer Nähe der Ötzifundstelle entdeckte (1994) und ein Beilholm 50m von der Ötzimulde entfernt (1998).
Putzer et al. (2016): TIP 1-3

Schnals-Finailgrube

Im Rahmen eines von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften finanzierten Projekts entdeckte ein Team um Andreas Putzer, Klaus Oeggl und Hubert Steiner einen unter anderem mit Bernstein- und Glasschmuck reich ausgestatteten bronzezeitlichen Kultplatz auf 2.400 m Seehöhe im Finailtal (Juli-August 2009).
Putzer et al. (2016): FIG 1-2

Schnals-Jochwiese

Dasselbe Team legt im darauffolgenden Jahr im benachbarten Tisental einen weiteren bronzezeitlichen Kultplatz auf 2.000 m Seehöhe frei (Juli-August 2010).
Putzer et al. (2016): JOW 1a-b

Schnals und Matsch-Langgrubjoch

Der Achtsamkeit einer interessierten Alpinistin aus Deutschland verdanken wir die Kenntnis dieses Fundplatzes auf 3.017 m über dem Meer. Ein junges Archäologenteam unter der Leitung von Hubert Steiner birgt im Auftrag des Amtes für Bodendenkmäler die Funde aus dem Gletschereis (August 2013): Spaltbretter mit rechteckiger Ausstemmung an einer Schmalseite, Stangen sowie das bislang erste Exemplar eines vermutlich bronzezeitlichen Stabgürtelhakens aus Holz.
Putzer et al. (2016): LGP 1-3

Schnals-Rautwiese

Auf einer Wiese nordwestlich des Finailhofes legt Andreas Putzer und Team auf 1.997 m Seehöhe eine eisenzeitliche Steinstruktur frei (Juli-August 2013) sowie tieferliegende Reste einer früheren Epoche der Menschheitsgeschichte. Einige Keramikscherben sind von diesem Fundplatz bereits seit 2009 bekannt.
Putzer et al. (2016): RAW 1-6

Schnals-Penaudalm

Südöstlich der heutigen Almgebäude im Penaudtal stößt nach bereits 1992 entdeckten Streufunden erneut das Archäologenteam um Andreas Putzer auf eine Kulturschicht mit baulichen Überresten und Kleinfunden, die auf eine saisonale Besiedlung der Hochebene (2.320 m) ab der Bronzezeit schließen lassen (Juli-August 2014). Die Folge-Grabungskampagne im Juli 2015 soll unter anderem klären, ob der Bau mit Milchverarbeitung in Verbindung steht.
Putzer et al. (2016): PND 10

Schnals-Penaudtal verschiedene Orte

Begleitend zur Grabung auf der Ebene der heutigen Penaudalm widmet sich Andreas Putzer und Team im August 2014 auch einigen anderen Orten im Tal, etwa den baulichen Überresten der etwas niederer gelegenen alten Penaudalm (2.000 m) und eines Stolleneingangs (2.000 m). Dabei kommen Streufunde an das Tageslicht wie eine Maultrommel, in einer Art wie sie vom 13. – 16. Jahrhundert belegt ist, oder eine Stielpfanne, wie sie im Schnalstal bis vor wenigen Jahrzehnten zum Kochen von Mus (Getreidebrei mit Milch) verwendet wurde.
Putzer et al. (2016): PND 1-16

Schnals-Gurgler Eisjoch

Mitarbeiter des italienischen Heers finden hier im Zuge von Grenzvermessungsarbeiten drei menschliche Rippen sowie zwei sehr gut erhaltene Stücke aus Holz. Möglicherweise handelt es sich dabei um ein Hilfsmittel zur Befestigung von Lasten und einen Rahmenschneeschuh. Die zeitliche Einordnung der Funde steht noch aus. Sie werden derzeit untersucht.

Weitere archäologische Fundorte im Schnalstal

Während auf der ganzen Welt am Ötzifundkomplex geforscht wird, tragen Zufallsfunde von Privatpersonen wie Siegfried Mayr und Hansi Platzgummer sowie mehrere die genannten Grabungen begleitende Begehungen und Sondagen von Bernardino Bagolini, Annaluisa Pedrotti, Domenico Nisi, Andreas Putzer und anderen dazu bei, Steinchen für Steinchen im Mosaikbild der Urgeschichte im Schnalstal zusammenzusetzen (1992-heute).

Dem Team rund um Bagolini und Pedrotti gelingt dadurch unter anderem die zeitliche Einordnung des Ötzi-Fundes in die kupferzeitliche Kulturgruppe Tamins-Carasso-Isera 5.